Die Kunst, das Alleinsein zu geniessen

Fast 7 Monate ist es her, seit ich meinen letzten Blogpost veröffentlicht habe. Hui, habe ich schon mal so lange geschwiegen hier? Es ist nicht so, dass ich kein Material gehabt oder die Ideen gefehlt hätten – ganz im Gegenteil. Mein „Problem“ war viel eher, meine Erlebnisse und Gedanken in Worte zu fassen.

Jeder Augenblick zählt

Seit gut drei Jahren bin ich jetzt Single. Das Alleinsein zu schätzen und auch zu geniessen, ist manchmal einfacher als an anderen Tagen. Anfangs November hatte ich zwei Wochen Ferien, die ich Zuhause verbrachte. Nunja, in meinen eigenen vier Wänden war ich wohl nicht mehr, als wenn ich arbeite, denn ich war viel unterwegs. Auch dank meinem GA. Ich entschied meist kurzfristig worauf ich gerade Lust hatte und lebte im Moment. Hier ein paar Impressionen zu #enjoythemoment aus meinem Instagram-Feed:

Die Kluge reist im Zuge

Einen Tag war ich auch mal offline unterwegs. Am Vormittag am Laptop wartete ich nur auf zwei DMs von Firmen, ansonsten waren alle Websites zu. Auf dem Handy hatte ich WLAN und die mobilen Daten konsequent ausgeschaltet. Ich informierte die Personen meiner zwei Verabredungen im Vornherein, dass ich nur per SMS und Anruf erreichbar wäre. Kurz nach dem Mittag setzte ich mich in den Zug nach Bern. Ich las im Buch „Die Kunst, allein zu reisen: …und bei sich selbst anzukommen.“ von Katrin Zita und blickte immer wieder mal zum Fenster raus. Wie ich es doch liebe, die verschiedenen Licht- und Wolkenspiele zu beobachten. Auch immer wieder beobachte ich die Menschen in meinem und im nächsten Abteil. Wer sie wohl sind? Wohin sie wohl reisen? Was sie wohl für Musik hören?

Bärn, i ha di gärn

Bern Ende Oktober

Bern Ende Oktober

Im Kiosk am Bahnhof Bern kaufte ich mir dann das Heft „Psychologie heute“ in dem es passenderweise ums Alleinsein ging. Ausserdem legte ich mir ein neues Notizbuch zu. Klein, aber hübsch. Für meine Gedanken und Wünsche. Ich setzte mich ins „Karl & Co“ bestellte mir einen frischen Pfefferminztee und begann im Heft zu lesen. Ab und an legte ich das Magazin bei Seite, nahm einen Schluck Tee, blickte in die Runde und liess die eben gelesenen Worte sinken. Ich liess meinen Gedanken freien Lauf. Ohne das Online-Sein konnte ich mich viel besser auf mich selber konzentrieren. Ich hörte in mich hinein. Ich spürte mich. Ich nahm mein Notizbüchlein hervor und notierte meine Gedanken und Empfindungen. Und dann las ich wieder einen Absatz oder einen Artikel im Heft. Ich genoss die Zeit in diesem Café, mit dem frischen Tee und dem perfekten Magazin dazu in vollen Zügen.

Nachdem ich später einen Kollegen rasch auf einen weiteren Tee getroffen habe, stattete ich dem Restaurant Toi & Moi einen Besuch ab. (Danke Caspar für den Tipp!) Ein sehr gemütliches Café, mit hohen Räumen, einer warmen Atmosphäre und toller Einrichtung. Das Personal lässt leider zu wünschen übrig. Nicht sehr aufmerksam oder einfach überfordert mit den vielen Gästen. Wie auch immer, der Beuteltee hat einigermassen geschmeckt. Trotz alledem habe ich mich wohl gefühlt – in meiner „Blase“ des Alleinseins inmitten anderer. Nach gut dreijähriger Übung, sich alleine in ein Café zu setzen, kann ich das mittlerweile wirklich geniessen.

Ich entdecke neue Seiten an mir

Bern im September

Bern im September

Ich schlenderte zu meiner zweiten Verabredung und fühlte mich auch an der Shop-Eröffnung unter lauten Pärchen und Freunden, alleine ganz wohl. Meine Freundin musste noch etwas arbeiten und so verabschiedete ich mich für den Moment. Ich entschied mich, die Zeit bis zu ihrem Feierabend im Starbucks zu verbringen. Ich ging zuerst in den oberen Stock und sicherte mir einen Sofaplatz – auch wenn ich alleine da bin, will ich den besten und bequemsten Platz haben. Dann holte ich mir einen (Beutel-) Tee und ging wieder hinauf. Nun begann dasselbe Spiel wie vor ein paar Stunden bei „Karl“. Lesen, Beobachten, Notieren, Sein, Nachdenken, Geniessen. Ich schaute immer mal wieder aufs Handy, ob meine Freundin mir vielleicht eine SMS geschickt hat, welchen Zug sie nehme, aber nichts war zu sehen. Ich machte mich nicht verrückt, sondern konzentrierte mich auf mich selber. Ich war mir bewusst, dass ich jederzeit gehen würde, wenn ich denn wollte – auch ohne sie. Irgendwann begann ich sogar, die Situation im Raum zu skizzieren und die Menschen um mich herum zu beschreiben. Was für ein Spass sag ich euch! Irgendwann wurde ich dann doch müde und ich machte mich auf den Weg zum Bahnhof. Alleine.
Ich sass im Zug zurück nach Zürich. Ich starrte in die dunkle Nacht hinaus und hing den Gedanken nach. Was für ein toller Tag. Ich habe vom Morgen bis am Abend gemacht, worauf ich Lust hatte. Ich entschied von Moment zu Moment, was ich gerade machen möchte oder in welches Café ich mich setze. Ich fühlte mich zufrieden – ja sogar glücklich.

Zukunft? Ich freu mich drauf!

Bern Mitte Oktober

Bern Mitte Oktober

Und nun? Es sind schon wieder Wochen vergangen und ich bin zurück im Alltag. Ich habe mir in den Ferien gesagt, ich will mir in Zukunft bewusst Zeit für mich nehmen. Diese Zeit mit mir alleine geniessen und nicht einfach nur „rum bringen“. Ich will lernen auf mich zu hören und zu merken, was ich will oder was ich nicht will. Was mir gut tut oder wovon ich mich trennen sollte. Der nächste Schritt wären sind nun Ferien mit mir alleine. Das Buch von Katrin Zita, die Zeit mit mir selber, und Bilder aus fernen Ländern wie Argentinien oder Schottland, wecken das Fernweh in mir. Ich spüre, wie ich immer eher bereit bin, die Welt allein zu entdecken. Ich mag nicht mehr warten, bis ich einen Reisepartner habe. Ich will die grünen Hügel Schottlands und die Weiten Argentiniens sehen und erleben. (Danke Thomas für die wunderbaren Bilder aus Bariloche!)

Träume sind da, um erfüllt zu werden

Nun ist es aber so, dass 3 meiner 5 Wochen Ferien für nächstes Jahr bereits verplant sind. (La Réunion im Mai soll sehr schön sein – habe ich gehört.) Argentinien liegt doch etwas weiter weg und ich möchte genug Zeit für dieses riiiesige Land haben. Schottland behalte ich also für den Spätsommer mal im Auge und im Februar plane ich vermutlich eine Woche in den Bergen. Alleine.

 

 

Was ist deine Erfahrung zum Thema Alleinsein?
Kannst du das geniessen? Wie hast du das gelernt?
Oder hast du Mühe damit? Wenn ja, warum?

Ich freue mich auf deine Meinung im Kommentar oder auf einem anderen Weg.

5 thoughts on “Die Kunst, das Alleinsein zu geniessen

  1. Ich glaub darin bin ich Profi: Die Vorzäge des Alleineseins sind ganz klar tun und lassen was, wie und wann man selber möchte 🙂

  2. Matthias

    Auch ich beobachte die Leute im Zug. Speziell an der Haltestelle schaue ich, wer ein- und aussteigt. Da ich seit 34 Jahren verheiratet bin, bin ich selten allein. Ab und zu, wenn meine Frau ohne mich im Ausland ist oder ich an einem Kurs im Ausland. Dann geniesse ich das allein sein. Anderseits war ich als Kind oft allein und habe ein Problem mit der Einsamkeit. . ..

  3. starlina

    Allein sein. Grosses Thema… für mich macht es einen grossen Unterschied, ob das „Allein sein“ bewusst gewählt wurde oder sozusagen aufgezwungen ist. Zeiten, die ich bewusst allein verbringe, geniesse ich dann dementsprechend auch. D.h. ein freies Wochenende für mich alleine, einen Abend welche ich alleine zuhause verbringe oder einen Spaziergang ohne Begleitung. Dies alles kann sehr schön sein, um zu sich selber zu finden und den eigenen Gedanken nachzugehen. Ich behaupte sogar, dass dies ein wichtiger Teil ist. Kommen wir zum weniger schönen Teil – diesen Zeiten, in denen man das Allein sein nicht bewusst gewählt/gesucht hat. Dann fühlt man sich einsam. Alleine. Das ist für mich dann ein negatives Gefühl – ich wünschte mir, mich mit jemandem auszutauschen und meine Gedanken und Erlebnisse zu teilen. Allein und Einsam liegen manchmal extrem nah beieinander.

    • Hach, so schön, dass du immer noch meinen Blog liest. Über Deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut! ? Und ja, Alleinsein und Einsamsein liegen sehr nah beieinander.

      Liebe Grüsse
      Rahel

  4. […] Bücher wie „Mit dir allein bist du nie allein“ lernte ich mich besser kennen und das Alleinsein zu […]

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